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Interview mit Frau Dr. Ellen Stiller, Planta-Chefin

#1 von nilst , 29.05.2013 21:44

Quelle: Smokersnews www.smokersnews.de 30.05.13
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Dr. Ellen Stiller
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Mittwoch, 29.05.2013

Verbote machen das (Geschäfts-) Leben schwer
Planta-Chefin Dr. Ellen Stiller im Pressegespräch

(BZ-0riginal) Mit Feinden des Blauen Dunsts hat die Berliner Traditionsfirma Planta leben gelernt. Nun aber plant die EU neue Regularien und die könnten das Aus für den Tabakproduzenten bedeuten. Die Dosen tragen klangvolle Aufschriften wie „Sacramento“ oder „Chee Tah N˚72“, die Namen auf den kleinen Beuteln lauten „Excellent Kir Royal“ oder „Moro rot“. Es sind Erzeugnisse des Familienunternehmens Planta aus Berlin: Tabak-Feinschnitt, mit dem der Raucher sich seine Zigarette eigenhändig drehen oder stopfen kann. Für Planta sind sie zusammen mit Pfeifentabaken die Geschäfts- und Existenzgrundlage, für andere eine nicht zu tolerierende Gesundheitsgefährdung.
In Deutschland wurden im vergangenen Jahr rund 82,4 Milliarden versteuerter Zigaretten geraucht, das entspricht etwa 1008 Zigaretten je Einwohner. Dazu kommen nach Schätzungen etwa 21 Milliarden Zigaretten, die entweder legal im Ausland oder auf dem Schwarzmarkt gekauft wurden. Außerdem wurden nach Angaben des Verbands der Rauchtabakindustrie 3,8 Milliarden Zigarren und Zigarillos, 26 900 Tonnen Feinschnitt und knapp über 1000 Tonnen Pfeifentabak geraucht. Der Staat verdient über die Tabaksteuer nicht schlecht am Laster der Bürger. Die Einnahmen summierten sich 2012 auf 14,1 Milliarden Euro. Das war ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr. In den vergangenen Jahren ist die Tabaksteuer immer wieder schrittweise erhöht worden.
Die geplante Richtlinie ist zum Zweck des Gesundheitsschutzes der Bürger im Prinzip darauf ausgelegt, das Produkt Tabak so unattraktiv wie möglich zu machen. Daher ist unter anderem ein Verbot von Aromen wie Menthol als Zusatz für Tabak vorgesehen. Die Warnhinweise auf den Packungen sollen drastisch vergrößert werden, Markennamen sollen nur noch klein gedruckt werden dürfen oder ganz verschwinden. Zu dem Richtlinienentwurf sind weit über 1 000 Änderungsanträge eingegangen. Möglicherweise im kommenden Jahr wird die Richtlinie dann endgültig verabschiedet.

Planta ist ein Berliner Unternehmen mit Tradition. 1956 wurde es von Manfred Obermann in Spandau in einem Hinterhof gegründet. Anfangs wurden nur Pfeifentabake hergestellt, später kam der Feinschnitt dazu. Heute produziert das Unternehmen im Jahr 200 Tonnen Pfeifentabak in 220 verschiedenen Variationen und 400 Tonnen Feinschnitt in 30 Variationen. Ein Tochterunternehmen in Thüringen stellt außerdem in Handarbeit Pfeifen her. 130 Mitarbeiter, die zum Teil schon Jahrzehnte im Familienbetrieb in Berlin arbeiten, haben ihr Auskommen. „Die Frage ist: Wie lange noch?“, sagt Dr. Ellen Stiller, Mitglied der Geschäftsführung und Tochter des Firmengründers. Sie ist tief beunruhigt über die Pläne der EU-Kommission, die in einer neuen Richtlinie den Tabakmarkt strenger regulieren will. „Wenn die Vorschläge in der jetzt vorliegenden Form durchgehen, dann bleibt von Planta nicht mehr viel übrig. Dann kann ich die Hallen zuschließen und die Leute nach Hause schicken“, sagt sie.

Die EU-Kommission hat Ende vergangenen Jahres einen Vorschlag für eine neue Richtlinie über die Herstellung und Gestaltung von Tabakerzeugnissen vorgelegt – mit dem erklärten Ziel, den Gesundheitsschutz zu fördern. Neben einer Vielzahl weiterer Maßnahmen sollen unter anderem „charakterisierende Aromen“ in Zigaretten, Feinschnitt sowie in Kau- und Schnupftabaken verboten werden. Das sind Zusatzstoffe, die den Tabak-Geschmack mildern, verfeinern oder ihm eine besondere Note geben. Falls dieses „Flavour“-Verbot kommt, würde das die Berliner „Pflanze“ – nichts anderes bedeutet das lateinische Wort planta – empfindlich treffen. 85 Prozent aller Feinschnitt-Produkte von Planta sind mit Aromen versetzt, sagt Ellen Stiller: „Die Bedrohung für das Haus Planta liegt bei diesen 85 Prozent“. Wenn das Familienunternehmen die Aromen nicht mehr zusetzen darf, dann „verlieren wir alles, was wir in 50 Jahren aufgebaut haben“, sagt sie – die Rezepturen, die Marken und die am Markt eingeführten Namen wie „Vanilla“, Strawberry“ und „Kir Royal“, die sich gerade auf die Zusatzstoffe stützen.

Mit unverwechselbaren Erzeugnissen behaupte sich Planta am Markt, nicht mit Massenware. Die EU-Richtlinie würde aber zu einem Einheitsprodukt führen, klagt die Geschäftsfrau. Für mittelständische Firmen wäre es das Ende, profitieren würden nur die Konzerne. „Das ist nichts anderes als eine schleichende Enteignung.“ Stiller wehrt sich gegen Behauptungen, dass Aromen für Jugendliche den Einstieg ins Rauchen leichter machen würden. Pfeifentabak und Feinschnitt mit Zusätzen seien „absolut unpopulär unter Jugendlichen“. Zumal im Richtlinien-Entwurf sich die EU-Kommission das Recht vorbehält, später auch für den Pfeifentabak das Aromen-Verbot zu erlassen, ohne dass ein nationales Parlament noch mitreden kann. Dann wäre für Planta „auch der Pfeifentabak tot“, so Stiller. Ob es so kommen werde, lässt der Entwurf offen. Mit der Rechtsunsicherheit könne man aber keinen Betrieb führen. Planta setzt im Jahr rund 50 Millionen Euro um. Davon entfalle aber das meiste auf Steuern wie Tabak- und Mehrwertsteuern. Chefin Stiller behauptet nicht, ein gesundheitsförderndes Produkt herzustellen. „Die Gefahren, die mit dem Rauchen einhergehen, sind uns allen bewusst“. Auch habe sich das gesellschaftliche Bewusstsein geändert. Früher sei sie stolz auf das Werk ihres Vaters gewesen, „heute trauen sich meine Kinder kaum noch zu sagen, was die Eltern machen“. Sie hält aber dagegen, dass die Firmen der Branche ein legales Produkt herstellen, dessen Zusammensetzung kontrolliert wird. „Was drin ist, legen wir dem Verbraucherschutzministerium vor“, sagt Tabakmeister Michael Klein, seit 30 Jahren bei Planta. Eine Positiv-/Negativliste regle klar, was erlaubt und was nicht erlaubt ist. Er glaubt, dass die Richtlinie mit all ihren Verboten und Einschränkungen eher noch die Konzerne begünstigt.

Nach der Finanzkrise 2008 sei die Großindustrie massiv in den Feinschnitt eingestiegen – mit technologisch und finanziell ganz anderen Möglichkeiten als kleine Firmen: „Was wir an Feinschnitt in einem Monat produzieren, das schafft ein Konzern auf seinen Anlagen innerhalb von Stunden“. So käme auch die geplante Änderung der Verpackungsform aus seiner Sicht den Großen der Branche zugute. Laut EU-Kommission soll Feinschnitt nicht mehr in Dosen verkauft werden dürfen, sondern nur noch in rechteckigen Beuteln. Damit würde Planta ein weiteres Markenzeichen verlieren. Ganz abgesehen von den Investitionen in neue Verpackungsanlagen, die erst einmal finanziert werden müssten. Wie die neue Richtlinie letztlich aussehen wird, ist völlig offen. Allein im federführenden EU-Umweltausschuss sind 1 360 Änderungsanträge von Europa-Abgeordneten anhängig. Nach der Sommerpause soll der Entwurf im EU-Parlament beraten werden. Mitte 2014 könnte die Richtlinie verabschiedet werden. Der Verband der Rauchtabak (VdR), in dem Planta Mitglied ist, hält alles für möglich: sowohl eine Entschärfung der Richtlinie wie auch eine nochmalige Verschärfung. Ellen Stiller hofft dagegen, nach 2006 zum 50. Firmenjubiläum auch 2016 wieder eine Festschrift herausgeben zu können – dann zum 60.

 
nilst
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zuletzt bearbeitet 29.05.2013 | Top

   

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Smokersplanet- Leitartikel vom 22.04.2012

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