Myrta Köhler hat einen netten Text dazu geschrieben
("Berliner Zeitung" 10.10.2009)
Der Schiedsrichter will Qualm sehen
Am Wochenende treffen sich in Ungarn Genießer zur Weltmeisterschaft im Pfeifelangsamrauchen
Myrta Köhler
Wohl kaum ein Pfeifenraucher dieser Welt würde sich nicht als Genießer bezeichnen. An einer Pfeife zieht man nicht mal schnell. Pfeiferauchen ist ein Ritual, wenn auch ein ungesundes. "Mit der Pfeife ist es wie mit allen Genussmitteln", sagt Nils Thomsen, der Vorsitzende des Tabakkollegiums Berlin und Deutschlands Pfeifenmacher des Jahres 2007. "Der Umgang damit will gelernt sein. Und erst, wenn man sich nicht mehr auf die einzelnen Handgriffe konzentrieren muss, ist der Genuss vollkommen." Dann ist man so weit, dass man sich mit anderen im Rauchen messen kann, im besonders genussvollen, im Langsamrauchen nämlich. An diesem Sonntag findet die Weltmeisterschaft im Pfeifelangsamrauchen statt.
Etwa 350 Teilnehmer und zahlreiche Besucher werden zur Weltmeisterschaft erwartet, die in Debrecen ausgetragen wird. Ungarns zweitgrößte Stadt ist seit dem 19. Jahrhundert ein wichtiges Zentrum der Tabakverarbeitung. Um 1850 siedelten sich hier Tabakfabriken an. Die lokalen Tonpfeifenerzeugnisse waren sehr begehrt, bis sie schließlich von der Zigarre abgelöst wurden. Einige historische Tonpfeifen sind in einer Ausstellung im Rahmen der Weltmeisterschaft zu sehen. Begleitend findet auch eine Verkaufsmesse statt, ausgerichtet von einem Kölner Fachhändler.
Drei Gramm Tabak für jeden
Die Veranstaltungen dauern das gesamte Wochenende und bieten sicher reichlich Gelegenheit zum Austausch. Den Tabak miteinander zu teilen, gilt als Freundschaftsbeweis. Aber Achtung: Die eigene Pfeife gibt man niemals aus der Hand!
Beim Langsamrauchen, international "Slow-Smoking" genannt, können die Abläufe optimal trainiert werden. Das ist nicht anders als bei Tätigkeiten, die schnell durchzuführen sind, etwa dem richtigen Ordnen der Bestandteile des Zauberwürfels. Der Weltmeister darin wird übrigens am selben Wochenende in Düsseldorf gesucht.
Vor vier Wochen richtete das Berliner Tabakkollegium die 37. Deutsche Meisterschaft im Pfeifelangsamrauchen aus, an der über 100 Männer und Frauen aus 38 Clubs teilnahmen. Da traten auch schon die Bewerber für den Weltmeistertitel an. Jeder Teilnehmer erhält bei solch einem Wettkampf die gleiche Art Holzpfeife, drei Gramm Tabak, zwei Streichhölzer und einen Holzstopfer. Für das Stopfen sind fünf Minuten erlaubt, für das Anzünden nur eine Minute. Dann wird gezogen, inhaliert, geatmet - so langsam wie irgend möglich. Auf Verlangen des Schiedsrichters ist Qualm aus dem Mund vorzuweisen, das Erlöschen der Pfeife ist sofort zu melden. Um die Abbrenn-Geschwindigkeit nicht zu verfälschen, wird jeglicher Luftzug gewissenhaft unterbunden, Fenster und Türen bleiben zu, die Klimaanlage ausgeschaltet. Der langsamste Raucher bei der Deutschen Meisterschaft hielt seine Pfeife eine Stunde, 39 Minuten und 9 Sekunden lang am Glimmen.
Der Verband Deutscher Pfeifenraucher wurde 1971 in der alten Bundesrepublik gegründet. Das Tabakkollegium Berlin gibt es erst seit 2003. Es hat den Anspruch, "die Kultur des genussvollen Rauchens, Kommunikation und Lebenslust zu fördern". Dessen Vorsitzender Nils Thomsen hält die Langsam-Raucher für eine besondere Spezies. Er sagt nicht ohne Stolz: "Das langsame Berauschen, das Reflektieren im Sinne von Genuss ist nur dem Menschen eigen." Und wer durch das viele Nachdenken irgendwann das Rauchen ganz aufgibt, kann seinem Körper nur nutzen.
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Foto: Wettkampfmittel: Pfeifen zum Rauchen auf Zeit.
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